Schlaftabletten und Schlafmittel Absetzen? Aber Wie?

Schlaftabletten und Schlafmittel Absetzen? Aber Wie?

Schlafmittel sollten nicht länger als 8 Wochen genommen werden. Dies gilt laut Aussagen der medizinischen Experten für Patienten, bei denen keine organische oder psychiatrische Erkrankung vorliegt. Grund für diese Empfehlung ist der Gedanke, dass eine gute Therapie den Grundsatz hat, ohne eine chronische Medikamenteneinnahme erfolgreich zu sein. Viele der sich auf dem Markt befindlichen Schlafmittel haben zudem ein mehr oder weniger ausgeprägtes Suchtpotential, was einer Medikamentenabhängigkeit Vorschub leistet. Und es ist nicht selten, dass eine längere Einnahme die Wirksamkeit des Schlafmittels abschwächen lässt, was zu immer höheren Dosierungen führt.

Laut Apotheken-Umschau (apotheken-umschau.de/Sucht/Suechtig-nach-Schlafmitteln-Was-tun-343769.html) jedoch bekommen rund ein Drittel der Schlafmittel-Anwender von ihren Ärzten eine deutlich längere „Therapie“ mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln verordnet. Und das, obwohl die einschlägigen „Leitlinien“ dieser Vorgehensweise widersprechen. Warum Ärzte sich nicht an die „evidenzbasierten“ Leitlinien halten und was dahinter steckt, das habe ich in einem anderen Beitrag diskutiert: Medizinische Leitlinien – Gefährliche „Leitplanken“ im Medizinverkehr.

Diese Praxis sehe ich als Beitrag (nicht Ursache) zu der Tatsache, dass in Deutschland 1,9 Millionen Menschen abhängig sind von Medikamenten, wovon 1,2 Millionen auf Benzodiazepine und/oder Z-Substanzen (Zopiclon und Zolpidem) entfallen.

Wie alle Medikamente haben Schlafmittel ebenfalls Nebenwirkungen. Eine dieser Nebenwirkungen habe ich bereits weiter oben genannt: die Gewöhnung beziehungsweise die nachlassende Wirkung, die zu steigenden Dosierungen verleitet. Aber Unterdosierung und Absetzen bedingen eine weitere Nebenwirkung. Und das ist das Entzugssyndrom. Dies geht einher mit Unruhe, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Launenhaftigkeit und so weiter. Diese Nebenwirkung der Medikation entspricht weitestgehend den Störungen, warum der Patient die Beruhigungs- und Schlafmittel zu sich nimmt. Der Unterschied jedoch ist hier, dass das Medikament genau die Symptome auslöst, weswegen es eingenommen wird. Und das praktische Resultat ist, dass der Patient wieder die Dosierung erhöht, um seiner Symptome Herr zu werden.

Absetzen leicht gemacht! Oder?

Medikamentenabhängigkeit und andere Formen der Abhängigkeit haben viel gemeinsam. Eine besondere Gemeinsamkeit ist die Tatsache, dass ein Absetzen alles andere als leicht ist, nicht zuletzt durch die in der Regel auftretenden Entzugserscheinungen. Von daher ist es mehr als kontraproduktiv, Schlafmittel abrupt abzusetzen. Außerdem sollte man eine „Entwöhnung“ immer unter ärztlicher Aufsicht durchführen beziehungsweise von einem Arzt durchführen lassen. Denn die beim Entzug auftretenden Symptome können ohne kontrolliertes Vorgehen so heftig sein, dass hier sogar physiologische Schäden auftreten können.

Um Entzugserscheinungen so gering wie möglich zu halten, sollte die Dosierung der Schlafmittel langsam und stetig – schleichend – vermindert werden. Wie schnell oder langsam so ein Dosierungsrückgang erfolgen kann, das bestimmt in der Regel der behandelnde Arzt. Als Daumenregel kann man sagen, dass die Dauer des Ausschleichens in Bezug steht zur Dauer der Einnahme des Medikaments. Das heißt in der Praxis, dass eine jahrelange Einnahme von Schlafmitteln eine Entzugstherapie in Anspruch nehmen wird, die sich über einige Monate hinwegzieht. Ist die Dauer der Schlafmitteleinnahme kürzer, dann verkürzen sich auch die Zeiten für das Ausschleichen.

Die Professoren Hajak und Rüther geben in einem im Jahr 1995 erschienenen Buch „Insomnie“ folgende Empfehlung für das Ausschleichen von Schlafmitteln:
Für das Ausschleichen bei einer Kurzzeiteinnahme (das heißt nur wenige Wochen) empfehlen die Psychiater, dass die Dosis alle drei Tage halbiert wird. Diese Form der Dosisreduktion wird so lange fortgeführt bis dass man bei einem Viertel der ursprünglichen Dosis angelangt ist. Praktisch wird man auf dieser Grundlage schon nach der zweiten Reduktion bei den 25 Prozent der Ausgangsdosis ankommen (erste Halbierung = 50 Prozent, zweite Halbierung = 25 Prozent). Dann wird das Schlafmittel nach weiteren drei Tagen ganz abgesetzt.
Als Alternative empfehlen die Autoren eine „Intervalltherapie“. Hier wird nicht die Dosis verringert, sondern die Intervalle, in denen das Schlafmittel eingenommen wird, werden verlängert. Der Patient beginnt damit, nicht jeden Abend seine Pille zu nehmen, sondern nur noch jeden zweiten Abend. Dann nach geraumer Zeit nur noch jeden dritten Abend und so weiter.

Diese Intervalltherapie kann auch modifiziert werden. Die Modifikationen sehen so aus, dass der Patient an bestimmten Wochentagen die „normale“ Dosis zu sich nehmen darf, an den restlichen Wochentagen jedoch nur die Hälfte. Eine Woche später wird dann die Hälfte auf ein Viertel reduziert, ohne die Dosis der „normalen Tage“ zu verändern. Die dritte Woche ist die Woche, wo man mit dem Versuch starten kann, das Schlafmittel vollkommen auszusetzen, sowohl die „normale“ Dosis als auch die reduzierte Dosis an den dazwischen liegenden Tagen.
Bei einer vorausgegangenen Langzeiteinnahme sieht die Sache deutlich komplizierter aus. Unter Langzeitgebrauch verstehen die beiden Professoren eine Einnahme von Monaten bis hin zu Jahren.
Da ein längerer Gebrauch der Schlafmittel vorliegt, verlängert sich auch die Ausschleichzeit. Bei einer Einnahme von mehr als drei Jahren ermittelten die Autoren eine Entwöhnungszeit von eins bis zwei Jahren. In der Praxis jedoch gibt es kaum Möglichkeiten, eine so lange Ausschleichzeit durchzuführen. Dementsprechend groß sind die Probleme bei diesen Patienten, die meist mit anderen Medikamenten in Angriff genommen werden.

Bei einer Einnahmezeit von eins bis drei Jahren ermittelten die Autoren eine Entwöhnungszeit von einem halben bis einem Jahr. Und bei einer Einnahmezeit von unter einem Jahr beträgt die Ausschleichzeit drei bis sechs Monate.
Während der Ausschleichzeit sollte dann im ersten Viertel der anvisierten Entwöhnungstherapie die Dosis schrittweise halbiert werden. In den restlichen drei Viertel dann erfolgt eine vorsichtige Dosisreduktion in Abhängigkeit von den sich dabei ergebenen Symptomen.

Aber auch hierzu bieten die beiden Autoren Alternativen. Die erste sieht so aus, dass die Dosis wöchentlich zum Beispiel an einem Tag der Woche halbiert wird bis dass die halbe Dosis an allen Tagen der Woche gegeben werden kann. Nach diesem Schema wird dann nur noch die Hälfte der halben Dosis gegeben und so weiter, bis dass der Patient keinen Bedarf nach Schlafmitteln mehr verspürt. Der Arzt muss auch entscheiden, ob er ein anderes Medikament, zum Beispiel ein sedierendes Antidepressivum, zur Unterstützung der Entzugstherapie einsetzen will oder muss. In der Regel müssen dann aber auch diese Medikamente schleichend abgesetzt werden.

Noch eine Alternative: Statt in der Woche jeweils einen Tag einzuführen, an dem der Patient nur die halbe Dosis nimmt, wird die Halbierung sofort für alle Tage der Woche durchgeführt. Dafür verlängert der Arzt die Zahl der Wochentage, nach denen es zu einer erneuten Dosisreduktion kommt. Auch hier kann der behandelnde Arzt entscheiden, ob ein zusätzliches Medikament sinnvoll oder notwendig ist oder nicht.

Eine Alternative zu Schlafmitteln

Unter. Ein wichtiger Grund ist etwas, was in der Regel nicht so häufig diskutiert oder auch nur erwähnt wird: Unter Schlafmitteln schläft der Patient, hat aber keine hohe Schlafqualität. Das macht sich darin bemerkbar, dass man trotz „ausreichend langem“ Schlaf sich fühlt, als wenn man so gut wie gar nicht geschlafen hat. Schlafmittel auf pflanzlicher Basis scheinen diesen eklatanten Nachteil nicht zu haben.

Baldrian als Tropfen und Tabletten sind wohl das bekannteste Mittel. Der Nachteil hier ist, dass die Wirkung keine Sofortwirkung ist, sondern sich erst nach einer Einnahme von mehreren Tagen (7 bis 14 Tagen) einstellt. Dafür gibt es keinen Abzug bei der Schlafqualität. Wichtig ist hier, eine genügend hohe Menge an Wirkstoff zu sich zu nehmen, die man eher über Tabletten als durch Tropfen erzielen kann.

Die Österreicher empfehlen auch Schüssler Salze, Magnesium Nr. 7 (10 Tabletten) in Kombination mit Tabletten von Nr. 14 (1 Tablette eine halbe Stunde vor dem Gang ins Bett in warmen Wasser auflösen und trinken). Bei gleichzeitig vorliegendem Stress kann noch Nr. 2 (3 Tabletten) dazu genommen werden. Bei auffallender Blässe und Blutarmut empfehlen die Österreicher noch Eisen Nr. 3 dazu.

Ätherische Öle von Lavendel, Melisse, Neroli, Rose, Bergamotte und so weiter beruhigen die Psyche, was einen guten Beitrag zur Schlafproblematik bieten kann. Die Öle können inhaliert werden oder über eine Massage auf Fußsohlen, Akupunkturpunkte und so weiter aufgetragen werden. 3 Tropfen Lavendel plus 5 Tropfen Orange plus 1 Tropfen Rose und 2 Tropfen Kamille auf 3 Esslöffel Meersalz empfehlen die Apotheker für ein Entspannungsbad mit regenerierenden Eigenschaften.

Zum Schluss noch ein Kurzrezept für einen „Schlaftee“ aus dem Alpenland:

Orangenblüten 10g
Bitterorangenschalen 10g
Baldrianwurzel 40g
Hopfenzapfen 20g
Melisse 20g

Ein Esslöffel auf 150 ml kochendes Wasser 10 min zugedeckt ziehen lassen. 2 Tassen untertags, 2 Tassen ½ Stunde vor dem Schlafengehen trinken.

Ich bin beeindruckt, wie man in Österreich offenbar die Heilkraft der Natur noch zu schätzen weiß und den chemischen „Waffen“ vorzieht.

An dieser Stelle wäre es interessant zu erfahren, wie beziehungsweise ob die oben erwähnten natürlichen Substanzen in der Lage sind, eine Ausschleich- und Entwöhnungstherapie von „handelsüblichen“ Schlafmitteln zu unterstützen.

Themenschwerpunkte

Das Geheimnis des Alters

Naturmittel gegen Arthrose

Alzheimer - Heilung ist möglich

Antibiotika - Anwendung und Verschreibung fragwürdig

Chemotherapie

Cholesterin

Heilkraft der Muskeln

Herzinfarkt

Homöopathie

Impfungen

Normal oder verrückt?

Wissenschaftslügen